Büchertips

In dieser Rubrik möchte ich allen Interessierten die Möglichkeit geben, sich über Budo-Literatur zu äußern oder sich einfach ein paar Anregungen für das nächste Weihnachtsgeschenk zu holen.

Wer selbst ein Buch vorstellen möchte, kann mir gern Titel, ISBN, eine kurze Abhandlung über den Inhalt sowie, wenn möglich, ein Cover-Bild zukommen lassen und ich werde diese Buchbesprechung hier gern veröffentlichen.


Empfehlenswerte Bücher



Goju-Ryu Karate f. Einsteiger, Frantisek Sebej, Sport Verlag, ISBN 3-328-00388-6, deutsch

Dieses Buch richtet sich vor allem an die Unterstufe und an Einsteiger, denn es vermittelt durch seine vielen sehr geschickt erstellten, teilweise humorvollen Zeichnungen ein gutes Verständnis über die Funktionsweise und mögliche Fehler bei den Grundtechniken.
Alle für das Kihon (Grundschule) relevanten Bereiche (Dachi-, Uke-, Zuki, Uchi- und Geri-Waza) sowie deren Anwendung am Partner werden erklärt. Darüber hinaus existieren kurze Abschnitte, die Grundlegendes zu den Bereichen Kata, Kumite und Dojokun (Etikette) erläutern.

Das Buch gibt aber auch dem Lehrer Anregungen und Hinweise, auch wenn gerade der Teil der Aufwärm-, Dehnungs- und Kraftübungen nicht mehr ganz der heutigen sportmedizinischen Auffassung entspricht.

"Goju-Ryu Karate für Einsteiger" hält eindeutig, was sein Titel verspricht und trifft damit die Interessen des Budo weit mehr als Versprechungen wie "Schwarzgurt in zehn Tagen" oder ähnliche Titel. Natürlich stellt das Buch keinen Ersatz für ein Training mit einem entsprechenden Lehrer dar, aber eine mehr als sinnvolle Ergänzung stellt es allemal dar.

Nils Christiansen, 2. Dan am 13.04.02
Goju-Ryu Karate-Do, Espeloer,Heckhuis,Nehm, Eigenverlag, ISBN 3-00-001342-3, deutsch

Im Gegensatz zum vorhergehenden Buch beschäftigt sich dieses Werk weniger mit den einzelnen Techniken als solchen als vielmehr mit den für die Effektivität notwendigen Prinzipien des Kraftflusses und seiner Quellen. Viel Wert legen die Autoren deshalb auf die Erklärung des Go-Ju-Prinzips (hart-weich) sowie des daraus direkt resultierenden Kime-Prinzips (Erzeugen von Spannungsspitzen).
Ein weiterer Abschnitt beschäftigt sich intensiv mit Trainingsformen für den sportlichen Wettkampf sowie seinen Prinzipien, ein anderer Abschnitt mit der Selbstverteidigung.

Als krönender Abschluß findet sich ein Kapitel, in dem sich die Autoren intensiv dem Thema Kata widmen. Alle zwölf GoJu-Ryu-Kata werden in einem halbseitigen Abschnitt in ihren Besonderheiten und zum Teil auch ihrer Geschichte beschrieben. Zudem wird jeder Kataablauf detailliert als Zeichnung dargestellt, eine sehr hilfreiche Dokumentation, die von der Erstellerin Regine Becker zur Verfügung gestellt wurde.

Wer die ersten Schritte auf dem langen Weg des GoJu-Ryu Karate-Do bereits verinnerlicht und die Bewegungsabläufe verstanden hat, findet in diesem Buch die Anhaltspunkte, sein Gelerntes weiterzuentwickeln und die Funktionsmechanismen einzubauen, die unserer Kunst entsprechen. Für all diejenigen, die das GoJu-Ryu eher im regelmäßigen Training statt in der Theorie erfassen, ist es dennoch unschätzbar wertvoll aufgrund des Kapitels über die Kata, denn: "Kata ist Karate"! Wenn auch die Darstellungen nicht immer bis ins letzte Detail aktuell sind (denn zu unser aller Mühe lebt die Kunst weiter und Details der Kata verändern sich stetig), so kann man sich anhand der Beschreibungen und Zeichnungen immer noch sicher orientieren.

Nils Christiansen, 2. Dan am 13.04.02
Bubishi, Patrick McCarthy, Charles E. Tuttle Co., ISBN 0-8048-2015-5, englisch

Das Bubishi, durch Miyagi Chojun auch als die "Bibel des Karate" bezeichnet, ist ein altes, chinesisches Buch, das sich mit der Philosophie, der Strategie, der Medizin sowie der Technik der Kampfkunst beschäftigt. Jahrhundertelang wurde das Bubishi geheim vom Meister zum Schüler weitergegeben; erst nur in China, dann auch auf Okinawa, dem Ursprungsort dessen, was wir heute Karate nennen.

Der Autor hat über eine bloße "Übersetzung" hinaus, so diese denn möglich ist, zahlreiche Kommentare und Erklärungen sowie einen vorangestellten eigenständigen historischen Teil hinzugefügt, ohne den das Verständnis des eigentlichen Inhaltes des Bubishi wohl nur einem Meister gelingt.
Wenn auch das Buch für ein profundes Verständnis sicherlich einiges an Zeit erfordert, lassen sich durch die Rahmenarbeit McCarthy's schnell Einblicke und Eindrücke über die Bandbreite und die Tiefe dessen erreichen, was die Kampfkunst ursprünglich und traditionell ausmacht.

Für diejenigen, die sich mit den Wurzeln und der eigentlichen Funktionsweise des Budo beschäftigen, ist das Bubishi sicherlich ein Muß.

Nils Christiansen, 2. Dan am 13.04.02
Weaponless Warriors, Richard Kim, Ohara Publications Inc., ISBN 0-89750-041-5, englisch

In diesem englischsprachigen Buch beschreibt Richard Kim überlieferte Ankedoten aus dem Leben verschiedener Meister der Entwicklungsgeschichte des Budo. Diese Geschichten sind teils authentisch, teils sicherlich eher im Bereich der Legende einzuordnen. Dennoch vermag der Autor die sehr unterschiedlichen und mit ganz verschiedenen Motiven in der Kampfkunst aktiven Charaktere zu beschreiben und ein Bild nicht nur der jeweiligen Zeit, sondern auch der Hintergründe der Entwicklung des Budo zu zeichnen.

Die Palette der beschriebenen Meister reicht von Yara, Sakugawa und Matsumura über bekannte Namen wie Yabu Kentsu und Choki Motobu hin zu Funakoshi, Higashionna und Miyagi und beschränkt sich damit nicht auf die Vorläufer der heute bekannten (und untereinander viel zu deutlich abgegrenzten) Stilrichtungen.

Wer die Lehrgänge von Sensei Nöpel besucht, um seinen Geschichten zu lauschen, findet in diesem Buch sicherlich einen genußvollen Zeitvertreib.

Nils Christiansen, 2. Dan am 13.04.02
Karate-Die Kunst des leeren Selbst, Terrence Webster-Doyle, Werner Kristkeitz Verlag, ISBN 3-921508-46-0, deutsch

Die Kunst des leeren Selbst beschäftigt sich mit der psychologischen und philosophischen Seite der Kampfkunst. In dieser Textsammlung finden sich viele voneinander unabhängige Betrachtungen des Themas Angst, Agression, Konflikt und Anspannung, die jeweils ganz unterschiedliche Seiten der Budo-Künste beleuchten.
Somit ist dieses Werk sicher eher für die ruhigeren Stunden geeignet, denn der Leser wird sich mit jeder einzelnen Aussage auseinandersetzen müssen, um sie nachzuvollziehen, zu verinnerlichen oder abzuwägen.

Wer sich in Ergänzung zum Training weiter mit den Hintergründen und dem Verständnis des Budo und insbesondere der damit verbundenen Psychologie beschäftigen möchte, dem sei dieses Werk sehr ans Herz gelegt.

Nils Christiansen, 2. Dan am 13.04.02
Karate Fachwort-Lexikon, Herbert Velte, Sensei-Verlag, ISBN 3-932576-14-4, deutsch

Das Karate-Fachwortlexikon macht seinem Namen alle Ehre. Kaum ein Begriff aus dem Training oder auch verwandten Kampfkünsten, der hier nicht erklärt wird. Ein Nachschlagewerk, das dem Anfänger wie dem Profi die Gelegenheit gibt, die Bedeutung nicht nur der Begriffe, sondern auch der damit belegten Techniken besser zu verstehen und ein wenig über den Tellerrand des "Technikvokabulars" hinauszublicken. Die zahlreichen Zeichnungen und Abbildungen erleichtern dabei das Verständnis.

Ein Werk, das sowohl im Dojo wie im heimischen Bücherschrank sehr wertvolle Dienste leisten kann.

Nils Christiansen, 2. Dan am 13.04.02
Fernöstliche Kampfkunst, Colin G. Goldner, AHP-Verlag München, ISBN 3-9801599-2-2, deutsch

Der Untertitel verspricht zunächst eine interessante Lektüre: "Zur Psychologie der Gewalt im Sport". Diese "Studie" nimmt für sich in Anspruch (auf dem Cover entsprechend dargestellt), in der Betrachtung die gesamte Bandbreite der Kampfkünste abdecken zu wollen; jedoch subsummiert der Autor bereits sehr früh pauschal alles (und wie dann deutlicher wird: alles rein Negative) unter dem Titel "Karate" und schert hier sämtliche Budoka jeglicher Couleur über einen Kamm.
Für diejenigen Leser, die sich mit Budo noch nicht beschäftigt haben, stellt dieses Buch das pauschale - nach eigenem Bekunden wissenschaftlich fundierte - abschreckende Beispiel dar und dient wohl lediglich dazu, arme Eltern davor zu bewahren, Ihre Kinder derart unmenschlichem Gebaren auszuliefern.
Dojoleitern und erfahrenen Dan-Trägern lege ich diese Lektüre dennoch anheim, sei es, um an diversen Stellen über die Pauschalierung geradezu grotesker Erfahrungen des Autors zu schmunzeln oder sich einer eventuellen Debatte wenigstens fundiert stellen zu können.
Der Autor beschreibt im darstellenden (und als Argumentationsgrundlage dienenden) Teil "das alltägliche" Training in Deutschlands Dojos: streng militärisch und hierarchisch, menschenverachtend und hart bis aufs Blut. Wenn sich das Training tatsächlich derart gestaltet hat, frage ich mich allerdings, weshalb die Schüler diesem Training weiter gefolgt sind: war Deutschland angefüllt von Masochisten? Wie bereits erwähnt: während Randaspekte und Fachtermini mitunter durchaus korrekt dargestellt werden (der Autor outet sich zum Ende des Buches als - ehemaliger - Dan-Träger), ist mir ein Umgang wie vom Autor geschildert in meiner 20-jährigen Karate-Praxis noch nicht begegnet. Nach Argumentationslogik des Autors (im Sinne einer Self-fulfilling-prophecy) dürfte ich das Alles aber vermutlich nur verdrängt haben und habe mich bereits zu sehr in meinem verzweifelten und zutiefst unsicheren Kern vergraben.
Ist anhand der Semantik schon sehr früh die politische Gesinnung des Autors zu erkennen (Hinweis: Spät-68 ?!?), so steigert er sich in seinen psychologischen Schlüssen noch um Längen: Neben Partei-politischen Vergleichen namentlich genannter Politiker des gegnerischen Lagers muss Freud par excellence herhalten (der Budoka als reines Muttersöhnchen, das sich aufgrund einer zu dominanten Mutter krampfhaft von dieser zu lösen versucht, um seine eigene Identität zu finden, die er durch seine Budo-Tätigkeit allerdings zunehmend selbst zerstört). Gezogene Parallelen zwischen Nationalsozialismus und Budo inklusive haarsträubender Zusammenhänge verschiedener Zitate bekannter Budoka mit "Größen" des dritten Reichs runden die Argumentation ab.
Schließlich und endlich kommt allerdings Licht ins Dunkel: der Autor berichtet auf den letzten Seiten seines Buchs über seine eigene "aktive" Zeit, seine kläglich gescheiterten Versuche als Sozialpädagoge und eine gescheiterte Selbstverteidigung gegen einen Angriff eines von ihm betreuten Jugendlichen: Die "Studie zur vom Budo geförderten Spirale der Gewalt" als Teil der eigenen Therapie nach schwerer Jugend mit übermächtigem Vater...

Die rund 15 Euro haben sich nicht zwangsläufig als rausgeschmissenes Geld erwiesen: neben einigen erheiternden Momenten sind in all der hetzerisch aufgemachten Lektüre einige betrachtenswerte Denkanstöße enthalten: inwieweit beruht Budo denn tatsächlich auf buddhistischen Prinzipien (oder läuft es diesen nicht diametral zuwider) ?!? Es bedarf vielleicht ein wenig Optimismus, hier Gutes zu finden, aber für mich persönlich war es nicht nur Zeit- und Geldverschwendung.

Nils Christiansen, 2. Dan am 27.02.05